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Werbung als Virus

Werbeunterbrechung im Fernsehen - Gäääähn, *schalt um*... Riesen Werbeplakate am Bahnhof - Hä...? Hab ich nich gesehen... Aber wenn mein Kumpel sagt, "Coole Sache, der Trionadi-Mix, den es jetzt bei XY gibt!", dann werde ich schon neugierig...

Werbeunterbrechung im Fernsehen - Gäääähn, *schalt um*... Riesen Werbeplakate am Bahnhof - Hä...? Hab ich nich gesehen... Werbeanzeigen in der Zeitschrift auf Seite 1, Seite 3, Seite 5 und 6, Seite 9, Seite 12 und so weiter - Guck ich mir nich an, langweilig. Aber wenn mein Kumpel sagt, "Coole Sache, der Trionadi-Mix, den es jetzt bei XY gibt!", dann werde ich schon neugierig.

Hahaaa!, sagen da die Werbeprofis, das wissen wir doch schon lange, und Deinen Kumpel haben wir letzte Woche bereits eingekauft, der ist nämlich jetzt ein freiwilliger Werbemann der Firma Trionade, heißt: Er bekommt ein paar Flaschen von dem Zeug umsonst, dazu einen Karton mit Werbeaufklebern und diese lustigen Blumenringe, auf die die Mädels so stehen. Damit startet er dann seine ganz private Werbekampagne.


So wurde zum Beispiel auch die neue Playstation mitten ins Herz der Zielgruppe gebracht. Ausgesuchte Leute bekamen das Teil umsonst, inklusive Zubehör, und sollten damit dann ihre Freunde und Schulkameraden beeindrucken. Nach zwei Monaten mussten sie das schöne Spielzeug allerdings wieder zurückgeben. Trotzdem ist es nicht schwer, für solche Aktionen Freiwillige zu finden, die auch gar nicht sagen müssen, dass sie Teil einer Werbekampagne sind.


Junge spielt Fußball

Ein anderes Beispiel kommt von einer sehr bekannten Sportmarke. Die hatte auf ihrer Internetseite dazu aufgerufen, mit dem Handy oder der Digi-Cam einen kurzen Film zu drehen. Regieanweisung: "Fußball kommt von links, Spieler nimmt an, dribbel, dribbel, kleines Kunststück, nach rechts weiterspielen". Diese Minifilmchen, die jeder auf der Internetseite selbst hochladen konnte, wurden dann aneinandergeschnitten und als Endlosschleife und Werbespot auf der Homepage der Sportmarke gezeigt: Man sieht: Junge Kicker rund um die Welt spielen sich die Bälle zu (Bild ist nicht aus dem Film). Und identifizieren sich ganz nebenbei mit der weltumspannenden Marken-Familie des Sportartikelherstellers.


Wird die Werbebotschaft über Freunde und Bekannte vermittelt oder kümmert sich der zukünftige Kunde selbst um den Werbeinhalt, nennt man das Viral Marketing (viral = ansteckend). So eine engagierte (und in der Regel auch kostenlose) Werbung durch die Kunden selbst, wirkt meist glaubwürdig und ist bei den Firmen sehr beliebt. So beliebt, dass die Anbieter leider inzwischen selbst versuchen, sich zum Beispiel in Internetforen als Privatpersonen auszugeben und dann das eigene Produkt ohne Ende zu loben. Üble Nummer, so ‘was, und peinlich, wenns auffällt. Trotzdem leider schon fast Alltag - Experten gehen davon aus, dass bis zu 20 Prozent aller Bewertungen in Chats, Verbraucherforen oder Online-Shops von Werbeprofis stammen, die sich als private Nutzer ausgeben.


Screenshot aus Spieleseite

Aber es muss ja nicht immer nur darum gehen, teure Markenprodukte unter die Leute zu bringen. Auch gemeinnützige Organisationen und Hilfsprojekte versuchen über originelle Werbung, die dann z.B. per Mundpropaganda in die Welt verteilt wird, an Spendengelder zu kommen. So hat eine Hilfsorganisation Fotos von frierenden obdachlosen Kindern zusammen mit ihrer Kontonummer in die unterste Reihe der Tiefkühltruhe einer Supermarktkette gelegt. Nahm ein Kunde nichtsahnend eine Pizza aus der Truhe, schaute ihm plötzlich ein frierender Junge ins Gesicht. Eine andere Organisation ließ ein kleines Computerspiel entwickeln, bei dem man mit der Maus Mücken wegwischen musste. Es tauchte in etlichen Blogs und als Link in E-Mails auf, weil die Leute es ganz lustig fanden. Dass es sich um die Marketingaktion eines Projektes gegen Malaria in Afrika handelt, wurde erst klar, wenn man partout die Moskitos nicht vom Bildschirm fegen konnte - sie kamen immer wieder, was leider auch in der Wirklichkeit so ist.


(C4U)

Der Text dieses Beitrags steht unter Creative-Commons-Lizenz: Was bedeutet das?

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